Exekutive und Legislative im Islam

Mit der Verantwortung für die Regierungsgeschäfte wird in einem islamischen Staat ein Amir (Führer oder Staatsoberhaupt) betraut, den man mit dem Präsidenten oder Premierminister eines modernen demokratischen Staates vergleichen könnte. Alle erwachsenen Männer und Frauen, die an die Grundsätze der Verfassung glauben, sind zur Stimmabgabe bei der Wahl des Staatsoberhauptes berechtigt.7
Zur Wahl als Amir ist qualifiziert, wer das Vertrauen der Mehrheit der Bürger hinsichtlich seines Wissens und Verständnisses für den tiefen Sinn des Islam besitzt; außerdem sollte der Kandidat von der islamischen Eigenschaft der Gottesfurcht beseelt und mit staatsmännischem Geschick ausgestattet sein. Kurz, er sollte sich sowohl durch Tugendhaftigkeit wie auch durch seine Fähigkeit auszeichnen. Das Volk muss ebenfalls eine Beratende Versammlung (Schura) wählen, die dem Amir bei seinen Amtsgeschäften helfen und wo nötig eine leitende Funktion übernehmen soll.
Der Amir ist verpflichtet, das Land entsprechend den Ratschlägen dieser Schura zu verwalten. Er kann sein Amt nur so lange beibehalten, wie er das Vertrauen des Volkes genießt. Verliert er dieses Vertrauen, muss er sein Amt aufgeben. Solange er aber dieses Vertrauen besitzt, ist er ermächtigt, die Regierungsgewalt – natürlich unter Zurateziehung der Schura (der Beratenden Versammlung) und innerhalb der durch die Schari′a gesetzten Grenzen auszuüben. Jeder Bürger hat das Recht, am Amir und seiner Regierung Kritik zu üben und alle angemessenen Mittel zur Erörterung der öffentlichen Meinung stehen zur Verfügung.
Die Gesetzgebung ist in einem islamischen Staat auf die durch die Gesetze der Schari′a festgelegten Grenzen beschränkt. Die Anweisungen Gottes und Seines Propheten (Friede sei mit ihm) sind zu akzeptieren und zu befolgen, und keine gesetzgebene Körperschaft darf an ihnen Veränderungen oder Modifizierungen vornehmen oder ein Gesetz erlassen, das ihnen zuwiderläuft.
Was die Gebote betrifft, die zwei oder mehrere Interpretationen zulassen, so wird in solchen Fällen die Pflicht, die richtige Absicht der Schari′a zu ermitteln, Leuten übertragen, die ein fundiertes Fachwissen über das Gesetz der Schari′a besitzen. Solche Angelegenheiten werden also einem Unterausschuss der Beratenden Versammlung übertragen, der aus Männern besteht, die im islamischen Recht bestens bewandert sind.
Trotzdem bleibt immer noch ein riesiger Bereich der Gesetzesgebung bestehen, der eben solche Fragen betrifft, die durch keine bestimmten Anweisungen der Schari′a erfasst sind. In diesen Angelegenheiten kann die Beratende Versammlung oder Legislative frei und ohne Einschränkung Gesetze erlassen.
Die richterliche Gewalt untersteht im Islam nicht der Kontrolle durch die Exekutive. Sie leitet ihre Vollmacht direkt von der Schari′a ab und ist Gott gegenüber verantwortlich. Zweifellos können die Richter durch die Regierung ernannt werden; hat aber einmal ein Richter die Richterbank eingenommen, so muss er den Menschen gegenüber unparteilich Gerechtigkeit entsprechend dem Gesetz Gottes walten lassen.
Die Verwaltungsorgane der Regierung und deren Funktionäre sind keineswegs von der gesetzlichen Rechtssprechung ausgenommen, so dass selbst die die höchste Regierungsgewalt ausübende Persönlichkeit im Staat dazu aufgerufen werden kann, vor Gericht als Kläger oder Verteidiger zu erscheinen, wie jeder andere Staatsbürger auch. Regierende und Regierte sind demselben Gesetz unterworfen und es gibt keine unterschiedliche Behandlung aufgrund von Status, Macht oder Privileg.
Der Islam tritt stets und überall für die Gleichheit aller ein und hält sich sowohl im sozialen wie auch im wirtschaftlichen und politischen Bereich auf das Genaueste an diesen Grundsatz.

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