Die Schari’a: ihr Wesen und ihr Zweck

Der Mensch ist mit zahllosen Talenten und Fähigkeiten begabt worden, und die Vorsehung war in dieser Beziehung ihm gegenüber wahrhaft großzügig. Er besitzt Verstand und Klugheit, Willensfreiheit und Entscheidungskraft, die Fähigkeit zu sehen, zu sprechen, zu hören, zu fühlen und zu schmecken, er ist Herr über seine Hände und Füße, er besitzt das Gefühl der Liebe, der Angst und des Zorns und vieles mehr. All dies ist von außerordentlichem Nutzen für ihn, und nichts davon ist unwichtig oder überflüssig. Alle diese Fähigkeiten wurden ihm mitgegeben, weil er ihrer dringend bedarf. Sie sind für ihn unentbehrlich. Denn sein ganzes Leben und aller Erfolg hängt davon ab, daß er diese Fähigkeiten zur Befriedigung seiner Bedürfnisse richtig einsetzt. Diese von Gott gegebenen Fähigkeiten sind dazu bestimmt, ihm zu dienen, und wenn sie nicht in vollem Umfang ausgenutzt werden, kann das Leben nicht wirklich lebenswert sein.

Zugleich hat Gott den Menschen mit all jenen Mitteln und Kräften ausgestattet, die dazu erforderlich sind, seine natürlichen Begabungen zur Entfaltung zu bringen, um dadurch die Erfüllung seiner Bedürfnisse zu ermöglichen. Der menschliche Körper ist so geschaffen worden, daß er des Menschen wichtigstes Instrument im Kampf um die Erreichung seines Lebensziels ist Außerdem gibt es noch die Welt, in der der Mensch lebt. Seine Umwelt und Umgebung enthält Mittel und Dinge jeglicher Art, deren er sich bedienen kann, um seine Bestimmung im Leben zu erfüllen. Die Natur im engsten und weitesten Sinn ist ihm untertan gemacht worden, und er kann jeden nur erdenklichen Nutzen daraus ziehen. Und schließlich lebt er in der Gesellschaft von Wesen seiner eigenen Gattung, damit er Hand in Hand mit ihnen am Aufbau eines besseren und glücklicheren Daseins arbeiten kann.

Wir sollten einmal etwas tiefer über dieses Wunder nachdenken. Unsere Kräfte und Fähigkeiten sind uns mitgegeben worden, damit wir sie zum Besten anderer einsetzen können. Sie sind zu unserem Wohle in uns hineinlegt worden und nicht dazu, uns zu schaden oder gar zu vernichten. Ihre Aufgabe ist es, unser Dasein mit guten und edlen Werten zu bereichern und nicht, es in Gefahr zu bringen. Daher können wir nur dann richtigen Gebrauch von diesen Fähigkeiten machen, wenn wir sie zu unserem Nutzen anwenden; und selbst wenn sie uns gelegentlich einen gewissen Schaden bringen sollten, so muß dieser auf das unvermeidliche Minimum beschränkt bleiben. Nur so können diese Fähigkeiten richtig eingesetzt werden. Jeder andere Gebrauch, der Energievergeudung oder Selbstvernichtung zur Folge hat, wäre falsch, unvernünftig und verwerflich. Es liegt ja klar auf der Hand, daß es ganz einfach ein Fehler ist, wenn wir etwas tun, was uns Nachteil oder Schaden zufügt. Auch ist es reine Torheit und ein grober Mißbrauch der uns von Gott gegebenen Fähigkeiten, wenn wir durch unser Handeln andere verletzen oder zum Ärgernis für sie werden. oder wenn wir unsere Talente brachliegen lassen, sie mutwillig verkrüppeln oder gar ausmerzen, so ist auch das ein schwerwiegender Fehler, ja eigentlich ein Verbrechen. Ein derartiges Verhalten ist abscheulich und unsinnig, denn unser gesunder Menschenverstand verlangt von uns, Schaden und Vernichtung zu vermeiden und den Weg einzuschlagen, der Vorteile und Gewinn für uns mit sich bringt. Und wenn wir schon einen Schaden in Kauf nehmen, so darf dies nur in solchen Fällen geschehen, wo es absolut unvermeidlich ist und im Ende dazu beiträgt, einen größere Nutzen herbeizuführen. Jede Abweichung von diese Richtlinien ist verständlicherweise ein grober Irrtum.

Wenn wir mit diesen grundsätzlichen Überlegungen im Auge die Menschen betrachten, so finden wir, daß es zwei Arten von Leuten gibt: die einen, die wissentlich ihre Fähigkeiten und Gaben mißbrauchen und dadurch ihre Talente verschwenden, ihre eigensten Interessen verletzen und ihren Mitmenschen Schaden zufügen; und diejenigen, die aufrichtig sind und es ernst meinen, jedoch durch Unwissenheit Fehler begehen. Jene, die absichtlich ihre Fähigkeiten mißbrauchen, sind im ärgsten Sinne des Wortes böse und wahre Unheilstiften Sie verdienen die eiserne Faust des Gesetzes im Nacken, um unter Kontrolle gehalten und gebessert zu werden. Diejenigen, die aus Unwissenheit irregehen, brauchen eine richtige Erziehung, damit sie den rechten Weg erkennen und den besten Gebrauch von ihren Fähigkeiten und Gaben machen können. Und genau diesen Zweck erfüllt die Schari’a, das auf den Offenbarungen Gottes fußende Gesetzbuch für die Verhaltensweise des Menschen auf Erden.

Die Schari’a enthält das Gesetz Gottes, oder vielmehr, sie ist das Gesetz Gottes. Sie zeigt dem Menschen die Richtlinien für die Verhaltensweise im Leben auf die seinen Interessen am besten entgegenkommt. Es ist ihre Aufgabe, den Menschen auf den rechten Weg zu geleiten und ihm die Mittel in die Hand zu geben, mit denen er seine Bedürfnisse am erfolgreichsten und zuträglichsten befriedigen kann. Das Gesetz Gottes ist einzig und allein zu unserem Besten da. Es enthält nichts, was dazu angetan wäre, unsere Fähigkeiten zu vergeuden, unsere natürlichen Bedürfnisse zu unterdrücken oder unsere normalen Wünsche und Gefühle auszulöschen oder abzutöten. Es befürwortet weder Askese noch Kasteiung und sagt nicht: ,,Wende dich ab von dieser Welt, gib allen Komfort und alle Annehmlichkeiten des Lebens auf, verlasse dein Heim, und begib dich in

Wüsten, Gebirge oder Urwälder, ohne Nahrung und Kleidung, um dich Unbequemlichkeiten und Untergang auszusetzen.“ Diese Art von Lebensauffassung steht in keinerlei Beziehung zum Gesetz des Islams, dem Gesetz, das von Gott Selbst formuliert wurde, Der diese Weit doch zum Wohl des Menschen erschaffen hat. Die Schari’a ist von demselben Gott niedergelegt worden, Der der Menschheit alles nutzbar gemacht hat. Er beabsichtigt gewiß nicht, Seinen Geschöpfen Böses widerfahren zu lassen. Er hat dem Menschen nicht eine einzige Fähigkeit mitgegeben, die unnütz oder nicht erforderlich wäre, noch hat Er irgend etwas in den Himmeln oder auf Erden erschaffen, das nicht in irgendeiner Form dem Menschen dienstbar wäre. Es ist Sein ausdrücklicher Wille, daß das Universum – diese großartige Werkstatt mit ihren unzähligen Arbeitsvorgängen – weiterhin reibungslos und gnad

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.