Tassawwuf

Der Fiqh beschäftigt sich mit der offenbaren und der Befolgung anheimgestellten Verhaltensweise des Menschen auf Erden, mit der Erfüllung bestimmter Pflichten dem Gesetz nach. Der Tassawwuf dagegen befaßt sich mit dem Geist, der hinter unserem Verhalten steht. Wenn wir beispielsweise unser Gebet sagen, so wird die Fiqh uns lediglich nach der Einhaltung der äußeren Voraussetzungen, wie etwa der Waschung, des Hinwendens zur Ka’ba, der Beachtung der Gebetszeiten und der Anzahl der verrichteten Rak’as, beurteilen, während Tassawwuf unser Gebet aufgrund unserer Konzentration, unserer Hingabe, der Reinheit unserer Seele und der Wirkung dieses Gottesdienstes auf unser sittliches Verhalten und unser Benehmen ganz allgemein bewerten wird. So ist also der wahrhaft islamische Tassawwuf der Maßstab unseres geistigen Gehorsams und unserer Aufrichtigkeit, während Fiqh die Ausführung der uns gegebenen Anordnungen bis in die kleinste Einzelheit bestimmt. Eine Ibada, der die rechte Geisteshaltung fehlt, ist, selbst wenn sie richtig ausgeführt wird, wie ein Mensch, der zwar hübsch aussieht, dem es jedoch an Charakterstärke mangelt. Und eine Ibada, die von religiösem Eifer erfüllt ist, dabei aber falsch ausgeführt wird, ist wie ein Mensch mit einem edlen Charakter, doch von unförmiger Erscheinung.

Obiges Beispiel zeigt ganz klar den Zusammenhang zwischen Fiqh und Tassawwuf . Doch zu ihrem großen Unglück unterlagen die Muslimen, nachdem sie im Lauf da Zeit in ihrem Wissen und ihrer Charakterstärke immer mehr abgesunken waren, auch den irreführenden Philosophien von Völkern; die zu jener Zeit die Vorherrschaft in der Welt in Händen hatten, und machten sich deren Philosophien selbst zu eigen und verunreinigten den Islam mit ihren abwegigen Dogmen.

Sie besudelten die reine Quelle des islamischen Tassawwuf mit Unsinnigkeit, die auch durch die wildesten geistigen Akrobatenakte nicht auf der Grundlage von Qur’an und Hadith gerechtfertigt werden konnten. Nach und nach trat eine Gruppe von Muslimen hervor, die sich den Anforderungen der Schari’a gegenüber weit überlegen fühlten und meinten, diese beträfen sie nicht, und das schrien sie auch noch lauthals in die Welt hinaus. Diese Leute hatten nicht die blasseste Ahnung vom Islam, der niemals seine Zustimmung zu einem Tassawwuf geben kann, der sich von der Schari’a gelöst hat. Kein Ssufi hat das Recht die Grenzen der Schari’a zu überschreiten oder die vordringlichsten religiösen Pflichten wie das tägliche Gebet, Fasten, Sakat oder den Hadsch auf die leichte Schulter zu nehmen und sich hier persönliche Freiheiten zu erlauben. Tassawwuf ist in seiner innersten Bedeutung nichts anderes als eine ganz intensive Liebe zu Gott und zu Muhammad, und eine solche Liebe erforderte strengste Beachtung der göttlichen Gebote, wie sie im Qur’an und in der Sunna des Propheten enthalten sind. Wer immer von diesen göttlichen Geboten abweicht, behauptet zu Unrecht, daß er Gott und Seinen Gesandten liebe.

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