Seine allumfassende Botschaft

Gleichzeitig trat er auch als unvergleichlicher Philosoph und Reformator, als anerkannter Neubegründer einer glanzvoll, großen Kultur und Zivilisation, als hervorragender Politiker, fähiger Führer und Richter von höchster Eminenz und als unerreichter Feldherr Vor sein Volk hin. Dieser ungebildete Beduine, dieser einfache Sohn der Wüste sprach mit solcher Weisheit und Klugheit. wie sie niemand vor ihm an den Tag gelegt hatte und niemand nach ihm vorweisen konnte Er erläuterte die schwierigsten metaphysischen und theologischen Probleme. Er hielt Vorträge über die Gründe für den Niedergang und Verfall von Nationen und Weltreichen, wobei er seine Thesen durch geschichtliche Tatsachen aus der Vergangenheit untermauerte. Er unterzog die Leistungen vorausgegangener Reformer der Musterung. Er äußerte seine Ansichten über die verschiedenen Religionen der Welt. Und er fällte Urteile über die Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten sich befehdende Stämme. Er lehrte die Gebote der Ethik und die Prinzipien der Zivilisation. Er erstellte so hervorragende Gesetze für Gesellschaftsbildung, Wirtschaftsorganisation, Menschenführung und internationale Beziehungen, daß auch ganz große Denker und Gelehrte ihre volle Weisheit erst nach lebenslanger Forschung und allumfassender Erfahrung mit Menschen und Dingen begreifen können. Es ist tatsächlich so, daß sich mit der menschlichen Weiterentwicklung auf dem Gebiet des theoretischen Wissens und der praktischen Erfahrung die Vollkommenheit dieser Lehren und Gebote erst allmählich mehr und mehr entfaltet.

Dieser ruhige und friedliebende Kaufmann, der niemals zuvor ein Schwert in der Rand gehabt hatte und keinerlei militärische Ausbildung besaß, der lediglich einmal an einer Schlacht teilgenommen hatte, und auch das nur als Beobachter, wurde plötzlich zu einem so tapferen Soldaten, daß er nicht ein einziges Mal, selbst in der heftigsten Schlacht nicht, den Rückzug antrat. Er wurde ein so großer Feldherr, daß er ganz Arabien in neun Jähren eroberte, und zwar zu einer Zeit, als die Waffen noch primitiv und die Verkehrsmittel und Nachrichtenverhindungen völlig unzureichend waren. Sein militärischer Scharfsinn und seine Tüchtigkeit erreichten einen so hohen Grad an Vollkommenheit und die militärische Begeisterung und Ausbildung, die er einer bunt zusammengewürfelten Schar von Arabern (ohne irgendwelche Ausrüstung, die diesen Namen verdient hätte) vermittelte, wirkten solche Wunder, daß seine Anhänger innerhalb weniger Jahre die beiden bedeutendsten militärischen Großmächte jener Zeit überwältigten und selbst zu Herren des größten Teils der damals bekannten Welt wurden.

Dieser zurückhaltende und sanfte Mann, der sich ganze vierzig Jahre lang durch keinerlei politische Anteilnahme oder Tätigkeit hervorgetan hatte, erschien plötzlich auf der Weltbühne als so hervorragender politischer Reformer und Staatsmann, daß er ohne die Hilfe von Funk, Fernsehen und Presse die weitverstreuten Einwohner einer Wüste von zwölfhunderttausend Quadrat-meilen – das sind über drei Millionen Quadratkilometer – unter sich vereinte. Ein Volk, das kriegerisch, unwissend, widerspenstig, unkultiviert und ständig in mörderische Stammeskriege verwickelt war, brachte er unter cm Banner, ein Gesetz, eine Religion, Kultur, Zivilisation und Regierungsform.

Dazu meint Sir William Muir, ein überzeugter Gegner und Kritiker des Islams, in seinem Buch ,, Life of Mohammed “ (das Leben Mohammeds): ,,Die erste Besonderheit, die unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist die Unterteilung der Araber in zahllose Stämme die völlig unabhängig voneinander sind; die ruhelos und oft in Kriege miteinander verwickelt sind; die, selbst wenn sie durch Blutbande oder gemeinsame Interessen miteinander verbunden sind, jederzeit aufgrund unbedeutender Ereignisse bereit sind, sich voneinander loszusagen und in unerbittliche Feindseligkeiten zu stürzen. Daher zeigt zu Beginn der islamischen Ära der Rückblick auf die arabische Geschichte – wie in einem Kaleidoskop einen ständig wechselnden Zustand von Zusammenschluß und Bündnisbruch, so daß bis dahin jeder Versuch einer generellen Vereinigung fruchtlos bleiben mußte… Das Problem, durch welche Kraft diese Stämme unterworfen oder in einem gemeinsamen Staat zusammengefaßt werden konnten, harrte noch seiner Lösung. Und er warb von Mohammed gelöst.“

Er gestaltete ihre Denkweise, ihre festverwurzelten Gewohnheiten und Sitten um. Er verwandelte die Ungehobelten in kultivierte, die Barbaren in zivilisierte Menschen und machte Übeltäter und charakterlose Lumpen zu frommen, gottesfürchtigen und rechtschaffenen Leuten. Die Unbändigsten und Widerspenstigsten wurden zu Musterbeispielen von Gehorsam und Ergebenheit in Gesetz und Ordnung. Ein Volk, das jahrhundertelang nicht einen einzigen namhaften Mann hervorgebracht hatte, wurde unter seinem Einfluß und seiner Führung zum Geburtsland Tausender beispielhafter Männer, die sich in die entferntesten Winkel der Erde aufmachten, um die Grundsätze von Religion, Moral und Zivilisation zu predigen und zu lehren.

Es ist interessant, hier auf eine bedeutende Rede von Ali ibn Abi Tilib Bezug zu nehmen. Als die Unterdrückung der Moslimen in Mekka ihren Höhepunkt erreichte, forderte der Prophet Muhammad einige seiner Anhänger auf in den angrenzenden Staat Abessinien auszuwandern. Eine Gruppe von Moslimen suchte also in diesem Land Zuflucht. Doch die Quraysch in ihrer sinnlosen Verfolgungswut sahen dem nicht untätig zu. Sie verfolgten die Flüchtigen und forderten den Negus von Abessinien auf die Einwanderer unter Gewaltanwendung auszuliefern. Am Hofe des Königs hielt Dscha’far daraufhin eine Rede, mit der er Licht auf die Revolution warf die der Prophet herbeigeführt hatte. Ein Auszug aus dieser Rede ist nachstehend angeführt:

O’König! Wir waren unwissende Leute, dem Götzendienst verfallen. Wir pflegten sogar das Fleisch verendeter Tiere zu essen und alle möglichen anderen abscheulichen Dinge zu tun. Wir sind unseren Verpflichtungen gegenüber unseren Verwandten nicht nachgekommen und haben unsere Nachbarn schlecht behandelt. Die Starken unter uns ließen es sich auf Kosten der Schwachen wohlsein, bis schließlich Gott einen Propheten zu unserer Besserung gesandt hat. Seine Herkunft, seine Rechtschaffenheit und seine Frömmigkeit ist uns allen wohl bekannt. Er rief uns zum Dienst an Gott auf und ermahnte uns, vom Götzendienst und der Anbetung von Steinen abzulassen. Er befahl uns, die Wahrheit zu sprechen. das in uns gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen, die Verwandtschaftsbande zu respektieren und unseren Nachbarn Gutes zu erweisen. Er lehrte uns, das Üble zu fliehen und alles Blutvergießen zu vermeiden. Er verbot alles Unschickliche: zu lägen, das Eigentum von Waisen zu veruntreuen und gegen die Keuschheit der Frauen falsche Anschuldigungen hervorzubringen. Darum glaubten wir an ihn, folgten ihm und handelten gemäß seinen Lehren

Muhammad (Friede sei mit ihm) vollbrachte so Großartiges nicht durch irgendwelche Zauberkünste, Druckmittel oder gar durch Grausamkeiten. sondern durch seine gewinnenden Manieren, seine liebenswerte, jedoch sittenstrenge Persönlichkeit und seine überzeugenden Lehren. Durch sein vornehmes und freundliches Benehmen machte er sich selbst seine Widersacher zu Freunden. Er eroberte die Herzen der Menschen durch sein grenzenloses Mitgefühl und seine sanfte, menschliche Freundlichkeit.

Er regierte gerecht. Nie wich er von der Wahrheit und Redlichkeit ab. Er unterdrückte nicht einmal seine Todfeinde, die ihm nach dem Leben getrachtet, ihn mit Steinen beworfen, aus seinem Geburtsort vertrieben und ganz Arabien gegen ihn aufgewiegelt hatten, als er schließlich nach ihrer Unterwerfung die Macht dazu in Händen gehabt hätte.

Er vergab ihnen allen, nachdem er den Sieg über sie davongetragen hatte. Nie übte er Vergeltung an irgend jemandem für persönliche Kränkungen oder für Unrecht, das ihm selbst Zugefügt worden war.

Obwohl er der Beherrscher seines Landes wurde, war er so selbstlos und bescheiden, daß er ganz schlicht und anspruchslos an seinen Gewohnheiten festhielt. Er lebte genügsam wie zuvor in seiner ärmlichen, strohgedeckten Lehmhütte. Er schlief auf einer Matratze, trug grobe Kleidung, aß die einfachsten Mahlzeiten der Armen und verzichtete manchmal ganz aufs Essen. Er pflegte ganze Nächte vor seinem Herrn im Gebet stehend zu verbringen. Er kam den Notleidenden und Verarmten zu Hilfe “ Der Prophet sagte: .’Jeder, der verschuldet stirbt oder Angehörige hinterläßt, die Gefahr laufen, selbst Not zu leiden – sie alle sollen wissen, daß sie zu mir kommen können, denn ich hin ihr Beschützer.‘ Sein ganzes Leben legt reiches Zeugnis davon ab „. Auch hielt er es keineswegs für unter seiner Würde, wie ein Arbeiter mit anzufassen. Bis zu seiner letzten Stunde gab es keine Spur von königlichem Pomp und Gepränge oder von der Überheblichkeit der Hochgestellten und Mächtigen an ihm. Wie jeder gewöhnliche Mann saß er mit seinen Leuten zusammen oder wanderte mit ihnen umher und nahm an ihren Freuden und Nöten teil. Er pflegte sich so unter die Menge zu mischen, daß ein Fremder Schwierigkeiten hatte, den Anführer und Regenten des Volkes aus der Schar seiner Anhänger herauszufinden.

Trotz seiner menschlichen Größe benahm er sich selbst den geringsten seiner Leute gegenüber. als seien sie seinesgleichen. In den Kämpfen, die er bestand, und bei den Anstrengungen, die er stets auf sich nahm, suchte er nie irgendwelchen Lohn oder Profit für sich selbst herauszuschlagen. Seinen Erben hinterließ er keinerlei Vermögen. Er verschrieb sich mit Leib und Seele dem Wohl seiner Anhängerschaft und bat nie darum, daß irgend etwas für ihn oder seine Nachkommen Zurückbehalten werde. Ja, er ging dabei so weit, daß er seinen Familienangehörigen verbot, Sakat (oder Armensteuer) anzunehmen, weil er fürchtete, daß seine Anhänger später einmal aus Liebe zu ihm den ganzen Anteil am Sakat seinen Erben austeilen könnten.

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